Abteischatz St. Johann

Rückblick in die Abteigeschichte (von Pfr. Dr. Volker Spülbeck)

Warum ist die Eröffnung einer Schatzkammer etwas so herausragendes? Viele von Ihnen werden mir zustimmen, wenn ich sage, sie schließt eine Lücke und beendet ein zuweilen unverantwortliches Provisorium, bei Führungen die Kostbarkeiten per Hand jeweils aus dem Tresor zu holen...

Viele Schulklassen und fremde Besucher besichtigen die Kirche St. Johann und ihren Abteischatz. Sie sehen hier auf dem Hügelkamm zwei Kirchen dicht nebeneinander; das provoziert schon die erste Frage.

Im Abteischatz sehen sie dann griechische Doppelkreuze; eine byzantinische Ikone; sie hören vom griechischen Gründerabt, sehen Kostbarkeiten die sieben bis acht Jahrhunderte alt sind, ja sogar ein ganzes Jahrtausend. Und das in Burtscheid???

Lesen Sie weiter unten zur Geschichte des Abteischatzes.

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Zur Geschichte des Abteischatzes

Wappen und Inschrift geben einen ersten Anhaltspunkt. Darin werden genannt Kaiser Otto III. und eine Äbtissin. Alte Urkunden geben Auskunft. Hier das wesentliche:

Auch wenn uns keine eigentliche Gründungsurkunde vorliegt, so wissen wir doch aus einem Diplom Kaiser Ottos des III. vom 06. Febr. des Jahres 1000, dass unter einem Abt Gregor das Kloster Burtscheid gegründet wurde. Weitere Indizien sprechen näher hin für das Jahr 997.

Gregor baute als erstes eine Nikolauskapelle, eine der ältesten diesseits der Alpen, und brachte damit die Verehrung dieses in der Ostkirche so bedeutenden Heiligen in unsere Landen (die Nikolauskapelle ist heute in das Pfarrhaus integriert, umfasst jenen Teil, der draußen durch das große Kreuz gekennzeichnet ist). Die eigentliche Klosterkirche, die Gregor erbauen ließ, wurde dem heiligen Apollinaris geweiht. Um den Bezug zur Kaiserpfalz deutlicher zu unterstreichen, wurde schon 30 Jahre später (1029) Johannes der Täufer, der Schutzpatron Karls des Großen, zum neuen Patron der Abteikirche.

Gregor selbst erlebte die Fertigstellung der ersten Klosterkirche nicht mehr, sondern starb - wohl am 04.11.999 - und wurde in seinem Nikolaus-Oratorium begraben. Erst gut 180 Jahre später wurden seine Gebeine in die Kirche übertragen. Der letzte Weltkrieg, der die Kirche ausbrennen ließ, verschonte auch seine letzte Ruhestätte nicht. Aber was an seinen Gebeinen und an Asche noch verblieb, liegt jetzt in einer Urne unter dem Berdolet-Hochaltar.

Die Mosaikikone des Hl. Nikolaus, das uns so fremde Doppelkreuz, das mehrfach im Abteischatz auftaucht, und das Bergkristallreliquiar sind ohne diesen Hintergrund gar nicht verständlich, ja sie wären höchstwahrscheinlich nie in den Reliquienschatz der Abtei gekommen.

Während der Franzosenzeit war der Abteischatz ausgelagert; einiges ging sicher verloren, die Kostbarkeiten wurden gerettet. Ein zweites Mal war der Abteischatz ausgelagert während des zweiten Weltkrieges, als die Kirche 1944 ausbrannte. (Er wurde ins Keller-Fundament des Kirchenvorstands-Mitglieds De Jong auf der Karl-Marx-Allee eingemauert.)

Adelige Damen traten ins Kloster ein, das zeitweise wohl einem vornehmen Damenstift ähnelte. Sie brachten ihre Aussteuer mit sowie reiche Stiftungen und Schenkungen. So konnte das Kloster kostbare liturgische Gewänder und Geräte erwerben oder sogar selbst in Auftrag geben, und Reliquien in ihren kostbaren Schreinen in die Liturgie einbeziehen. Denn damals galt nicht nur: je höher der Kirchturm (siehe Köln) umso mächtiger das Bistum, sondern auch: Je mehr kostbare Reliquien, umso bedeutender die Kirche. Und für die Reliquien schuf man kostbare Behältnisse.