Beichten im Wandel der Zeit

Beichtstuhl (c) pixabay
Beichtstuhl
Datum:
Do. 3. Apr. 2025
Von:
Cornelia Schmidt

In manchen Kirchen wurde er bereits abgeschafft – ein klobiger, zumeist aus Eichenholz gefertigter Kasten mit Türen und Vorhängen, der dem Garderobenschrank meiner Oma gleicht, aber in dem sich nicht etwa selbst gestrickte Wollröcke befinden, sondern Menschen ihre Verstrickungen vor Gott bringen.

 

Wie oft musste ich beim Anblick eines solchen Kastens an das Trauma meiner Erstbeichte denken. Zwei Wochen vor meiner Erstkommunion kniete ich das erste Mal in so einem Schrank nieder und beichtete meine 2 „Sünden“.  Ich hatte geglaubt, ich wäre sogleich danach entlassen und befreit, aber ich hatte mich geirrt. Stattdessen bat mich der Pastor, noch einmal zu überlegen, ob mir nicht noch mehr als diese zwei läppischen Sünden einfielen.  Es vergingen 10, 20 vielleicht sogar 30 Sekunden in absoluter Stille (in so einem dunklen Raum können Sekunden zu Stunden werden!)  Und was tat ich, um diesem Gefängnis zu entkommen? Ich erfand ganz schnell eine „Sünde“, damit ich endlich die Absolution erteilt bekäme. 

Eigentlich hätte ich gleich noch einmal beichten müssen und fühlte nichts von der versprochenen Erleichterung.

Ich schwor mir, nie wieder in einem Beichtstuhl niederzuknien.

 

Kürzlich besuchte ich mit 26 quirligen Sechstklässlern eine katholische Kirche, um die Unterschiede zu einer evangelischen Kirche festzustellen. Wie magisch angezogen, interessierte sich eine Jungengruppe für den Beichtstuhl. Nachdem der Pastor uns die Besonderheiten der Kirche erklärt und das Vorwissen der Kinder getestet hatte, fragte ein Junge, ob er denn nun beichten dürfe. Da der Pastor noch Zeit hatte, nahm er bereitwillig die Beichte von allen Beichtwilligen ab. Ich traute meinen Augen kaum, als ich sah, dass unter diesen auch genau die Jungen waren, die einiges auf dem Kerbholz hatten und denen es oft schwer gefallen war zu ihren Fehlern zu stehen.

 

Als ich sie später fragte, wie sie sich nach der Beichte gefühlt hatten, sagten sie: es war toll, man fühlte sich danach so leicht und der Pastor hat uns sogar Tipps gegeben!

 

Mir wurde klar, dass das Problem damals gar nicht unbedingt der Beichtstuhl gewesen war und dass es auch anders ablaufen kann. Diese Kinder hatten den Beichtstuhl als kostbaren Schrein und nicht als Gefängnis erlebt.

 

Meine Einstellung zur Beichte (und insbesondere zur Kinderbeichte) habe ich an dem Tag grundlegend überdacht, auch wenn ich persönlich nach wie vor ein Gespräch im Beichtzimmer dem Beichtstuhl vorziehen würde. Aber vielleicht hat der Beichtstuhl auch im 21. Jahrhundert noch seine Berechtigung.