Auf den Spuren Martin Luthers gemeinsam unterwegs

Ökumenische Studienfahrt nach Mitteldeutschland vom 2.-8. Juli 2017

Ökum. Studienfahrt 2.-8-7.17 (c) Monika Pieper
Ökum. Studienfahrt 2.-8-7.17
Datum:
Do. 10. Aug. 2017
Von:
Monika und Martin Pieper
Ökum. Studienfahrt 2.-8-7.17 (c) Monika Pieper
Ökum. Studienfahrt 2.-8-7.17

Das Reformationsgedenkjahr 2017 – Impulsgeber für vielerlei konfessionsverbindende Veranstaltungen und Aktivitäten.

So auch Anlass für eine ökumenische Studienreise der Gemeinde St. Gregor von Burtscheid und der Evangelischen Kirchengemeinde Aachen/Bereich Süd, bei der sich 30 katholische und evangelische Christen unter der gleichermaßen fachkundigen wie persönlichen Leitung von Frank Hendriks, Manfred Wussow und Redmer Studemund auf den Weg machten, um den Spuren Martin Luthers und seiner Zeitgenossen folgend den gemeinsamen Wurzeln unseres Glaubens, dem Ringen nach dem „richtigen“ Weg und ihrer Bedeutung für Gegenwart und Zukunft des ökumenischen Miteinanders nachzuspüren.

 

Die Bischofssitze Hildesheim auf der Hinfahrt und Magdeburg auf der Rückreise bilden nicht nur geografisch eine Klammer zu einer Vielzahl von Orten und persönlichen Begegnungen, die hier gar nicht alle wiedergegeben werden können.

 

Erwartet uns zu Beginn der Fahrt im Mariendom zu Hildesheim noch ein uns aus dem Aachener Dom vertrauter Anblick – hier befinden sich zwei der vier in Deutschland noch existierenden romanischen Radleuchter - werden wir im Laufe der Woche noch viele Gelegenheiten haben, Neues zu entdecken und inspirierende Erfahrungen zu machen.

 

Für die ersten drei Nächte beherbergt uns das auf einem Hügel abgeschieden liegende Kloster Huysburg. Hier können wir die Gastfreundschaft der Benediktinermönche genießen und nach anstrengenden Besichtigungstagen die nötige Ruhe finden. Eine Klosterführung durch Bruder Jakobus bringt uns die Geschichte und das gegenwärtige Klosterleben näher und in den morgendlichen Laudes mit den Mönchen können wir ein wenig an der Klostergemeinschaft teilhaben.

 

Aus der Vielzahl der besichtigten Kirchen (über zwanzig sollten es werden) seien an dieser Stelle drei herausgegriffen.

 

Der in über 250jähriger Bauzeit entstandene Dom zu Halberstadt, dessen Triumphkreuzgruppe über dem Lettner noch aus der ottonischen Zeit (1210/20) stammt, wurde nach dem Vorbild französischer Kathedralen erbaut und bietet im Innenraum eine außergewöhnlich gut erhaltene mittelalterliche Ausstattung.

 

In Erfurt erwartet uns eine besondere Kirchenbesichtigung, bei der wir bis zum über siebenhundert Jahre alten Dachstuhl der Predigerkirche vordringen dürfen, um zurück am Boden im ebenso alten Chorgestühl Platz zu nehmen. Hier betete der Philosoph und Theologe Meister Eckhart als Mönch und Prior des Predigerklosters und verfasste seine „Reden der Unterweisung“ (1294-1298). Beim abendlichen Orgelkonzert kann man seinen Worten nachspüren: „Nimm dich selber wahr, und wo du dich findest, da lass dich.“ – „Soweit du in Frieden bist, soweit bist du in Gott.“

 

Ganz andere Eindrücke nehmen wir aus dem Dom zu Halle mit. Ursprünglich als Klosterkirche von Dominikanern erbaut (1271-1330), wurde er zur Stiftskirche des Magdeburger Erzbischofs Kardinal Albrecht von Brandenburg (1523). Dieser befürwortete den Ablasshandel und nutzte dessen Erlöse u.a. zur Schuldentilgung. Hier sind wir nah am Thema unserer Studienreise. Martin Luther positionierte sich mit seinen 95 Thesen klar gegen die käufliche Sündenvergebung.

Eine spontane Kurzführung durch einen Mitarbeiter der Gemeinde erschließt uns den Kirchenraum auf eine etwas herbe, aber sehr lebendige Art. Überraschend “menschliche“ Töne zeigen sich auch auf einer Kanzel aus dem Jahr 1526, auf der bei genauerem Hinschauen die sich prügelnde Engelschar erstaunt.

 

Ob Klosterkirche, Kapelle oder Taufkirche, Stiftskirche, Predigerkirche, Stadtkirche, ob Dom oder Kathedrale – jeder Kirchenraum spricht für sich, berührt jeden von uns auf unterschiedliche Art und Weise und legt Zeugnis ab für die wechselvolle Geschichte von Kirche und Glauben.

 

Zur ersten unmittelbaren Begegnung mit dem Leben Martin Luthers kommen wir in der Stadt Eisleben. Hier besuchen wir das Geburtshaus, die Taufkirche und das Sterbehaus Luthers. Vor allem in der hellen lichtdurchfluteten Taufkirche St. Petri, in deren Zentrum sich neben dem Taufstein Martin Luthers ein in den Boden eingelassener neuzeitlicher Taufbrunnen befindet, wird das gemeinsame Fundament unseres christlichen Glaubens spürbar: die Taufe als Bekenntnis zu christlichem Glauben und Leben.

 

Den Spuren Martin Luthers folgend nehmen wir in der Stadt Erfurt Quartier im über 700 Jahre alten Evangelischen Augustinerkloster, heute eine evangelische Tagungs- und Begegnungsstätte. Hier lebte der junge Luther von 1505 bis 1511. Seinem Leben als Mönch und Student können wir an diesem authentischen Ort in einer fachkundigen Führung nachspüren.

Wir besichtigen u.a. den aus dieser Zeit im Originalzustand nahezu erhaltenen Kapitelsaal, die historische Bibliothek, deren typischer Geruch nach alten Büchern einem sofort in die Nase steigt, und die Augustinerkirche, deren über 700 Jahre alten Glasfenster im Chor schon Martin Luther bewundert haben mag. Die mittägliche Vesper lässt uns an diesem Ort zur Ruhe kommen.

 

Mit der Lutherstadt Wittenberg erreichen wir einen der zentralen Orte der Reformation. Hier lebte und wirkte Luther von 1511 bis zu seinem Tod im Jahr 1546, hier veröffentlichte er 1517 seine 95 Thesen.

Wir erleben einen stimmungsvollen abendlichen Spaziergang durch die Stadt, bei dem wir Lutherhaus, Melanchthonhaus, Universität, Marktplatz und Schlosskirche ohne touristischen Trubel kennenlernen.

Der nächste Tag beginnt mit einer Andacht in der Sakristei der Stadtkirche St. Marien. Noch bevor die Kirche für Besucher geöffnet wird, haben wir Gelegenheit, in Ruhe den Kirchenraum, in dem Martin Luther predigte, zu entdecken.

Die Auseinandersetzung mit dem Altarbild des Reformationsaltars von Lucas Cranach d.Ä. (entstanden 1547) sowie einem Gemälde von Lucas Cranach d.J. (“Die Arbeiter im Weinberg des Herrn“, entstanden 1573/74) ist für Protestanten wie Katholiken bewegend. In eindringlichen Darstellungen offenbaren sich hier reformatorische Grundsätze und Denken. Die Radikalität, ja Polemik der Bilder zeigt, wie groß das Zerwürfnis in damaliger Zeit war, so dass Bruch und Abspaltung unvermeidlich waren.

 

Nach einer gemeinsamen Führung durch Luthers Wohnhaus, das ehemalige Augustinerkloster, welches später sein Wohnsitz wurde, können wir auf eigene Faust die nun voller gewordene Stadt Wittenberg erkunden. Mit zahlreichen Veranstaltungen, Ausstellungen, Installationen und Aktionen werden hier fünfhundert Jahre Reformation gefeiert. Orte der Begegnung in der Gegenwart, die an Vergangenes erinnern, sich mit vergangenen und gegenwärtigen Themen auseinandersetzen und in die Zukunft weisen wollen.

 

In diesem Sinne spricht uns auch die letzte Station unserer Reise, die Stadt Magdeburg an. In der Vergangenheit dreimal nahezu vollständig zerstört (Stadtbrand 1207, Auslöschung des Protestantismus im 30jährigen Krieg 1631, nahezu vollständige Zerstörung im 2. Weltkrieg), gelingt hier in der seit wenigen Jahren doppelten Bischofsstadt immer wieder ein Neuanfang.

Eine sehr persönliche Führung durch den protestantischen Dom führt uns dabei noch einen recht aktuellen Aspekt der Kirche in der jüngeren Geschichte vor Augen. Sehr bewegt schildert uns unser Domführer Herr Schrader den Dom als Zufluchtsort für tausende Menschen während der friedlichen Proteste in der Zeit des Umbruchs kurz vor der Wende.

Zuvor beschreibt uns Domprobst Pfafferodt in der katholischen Sebastianus-Kathedrale das praktische ökumenische Miteinander im Alltag in einer weitgehend atheistischen Umgebung. Dabei stellt er die katholisch-evangelische Dialogpredigt von Bischof Feige und Bischöfin Junkermann im Mai 2017 aus Anlass des „Kirchentags auf dem Weg“ besonders heraus.

 

Und so schlägt das Ende unserer Reise einen Bogen zum Beginn der Fahrt:

In Hildesheim, wo in der Simultankirche St. Michaelis beide Konfessionen räumlich miteinander verbunden sind (evangelischer Kirchenraum/katholische Krypta) fand im März diesen Jahres ein gemeinsamer Buß- und Versöhnungsgottesdienst der beiden Kirchen statt. Unter Leitung des Vorsitzenden der deutschen Bischofskonferenz Kardinal Reinhard Marx und des Vorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland Heinrich Bedford-Strohm wurden Bitten um Vergebung als Zeichen der Versöhnung formuliert, um miteinander den Weg der Ökumene fortzusetzen und weiter zu entwickeln.

 

Unsere konfessionsverbindende Studienfahrt als Beitrag zu solch einem ökumenischen Miteinander hat uns an vielen unterschiedlichen Orten, in Gesprächen und Begegnungen, in Momenten der Besinnung und des Gebetes und nicht zuletzt in unserer fröhlichen und frohmachenden Gemeinschaft immer wieder vor Augen geführt, wie wesentlich es ist, nicht das Trennende in den Fokus zu nehmen, sondern basierend auf unseren gemeinsamen Glaubenswurzeln das Verbindende unseres Glaubensbekenntnisses miteinander zu leben.

Ökum. Studienfahrt 2.-8-7.17 (c) Monika Pieper
Ökum. Studienfahrt 2.-8-7.17 (c) Monika Pieper
Ökum. Studienfahrt 2.-8-7.17 (c) Monika Pieper
Ökum. Studienfahrt 2.-8-7.17 (c) Monika Pieper
Ökum. Studienfahrt 2.-8-7.17 (c) Monika Pieper
Ökum. Studienfahrt 2.-8-7.17 (c) Monika Pieper
Ökum. Studienfahrt 2.-8-7.17 (c) Monika Pieper
Ökum. Studienfahrt 2.-8-7.17 (c) Monika Pieper
Ökum. Studienfahrt 2.-8-7.17 (c) Monika Pieper
Ökum. Studienfahrt 2.-8-7.17 (c) Monika Pieper
Ökum. Studienfahrt 2.-8-7.17 (c) Monika Pieper
Ökum. Studienfahrt 2.-8-7.17 (c) Monika Pieper
Ökum. Studienfahrt 2.-8-7.17 (c) Monika Pieper