Gedanken auf Ostern hin

„Und immer wieder geht die Sonne auf“

(c) pixabay.com
Datum:
Mi. 8. Apr. 2020
Von:
Georg Siek

 

… lautet einer dieser vielen „Corona-Songs“. Corona-Songs??? Googeln sie mal, Stichwort Corona-Songs: Viele Künstler (und solche die sich dafür haltenJ) sind in Zeiten von Ausgangsbeschränkungen, Kontaktsperre und häuslicher Isolation aktiv geworden, wider die soziale Distanz mittels eigens komponierter oder neu interpretierter Lieder ein Gespür für den Nächsten neben mir zu vermitteln.

Niemand soll sich alleine fühlen, niemand darf vergessen werden, „wir“ halten zusammen und machen uns Mut. So auch der „singende Aachener Polizeikommissar“ Oliver Schmitt in Gemeinschaft mit den Aachener Freiwilligen- / Berufsfeuerwehren und Hilfsdiensten, die das Chanson von Udo Jürgens (1967) neu eingespielt haben. Per Lautsprecher wurde das Lied von den Einsatzfahrzeugen aus in den Wohngegenden der ganzen Städteregion abgespielt. Auf YouTube https://youtu.be/GruM4cQ2VYw ist ein sehenswerter Videoclip veröffentlicht mit Worten des Aachener Polizeipräsidenten Weinspach, Städteregionsrat Grüttemeier und OB Philipp. Schon wieder so ‘ne Schnulze? Ballermann-Niveau? Volksmusik? Trallala? Udo Jürgens sang dieses lebensbejahende Lied mit der Botschaft, dass trotz aller Widrigkeiten die Sonne immer wieder aufgeht und dieses helle Licht die Dunkelheit vertreibt, noch einmal auf seinem letzten großen Konzert im Dezember 2014 in Zürich, also nur zwei Wochen bevor er im Alter von 80 Jahren an Herzversagen plötzlich verstarb. Im Refrain heißt es: „Denn immer, immer wieder geht die Sonne auf. Und wieder bringt ein Tag für uns ein Licht. Ja, immer, immer wieder geht die Sonne auf. Denn Dunkelheit für immer gibt es nicht. Die gibt es nicht, die gibt es nicht“.

Geht, unabhängig von Corona, immer wieder die Sonne auf? Bringt immer wieder ein neuer Tag uns ein Licht der Hoffnung, der Wärme? Ist die Dunkelheit verschwunden? Für immer? Wie erleben Sie die Karwoche, den Palmsonntag davor, wie wird das Hochfest Ostern? Als Notfallseelsorger in der Städteregion komme ich mit Menschen in Kontakt, die von jetzt auf gleich jeglichen Halt verloren haben, wo ein schlimmes Ereignis persönlichen Stillstand erzwungen hat, wo keine Sonne wärmt, kein Licht scheint, nur Dunkelheit besteht. Gründonnerstag wird es meine Aufgabe sein, ein verstorbenes Mitglied der Pfarrgemeinde zu beerdigen. In diesen Zeiten darf keine Kirche und keine Trauerhalle für den Trauergottesdienst genutzt werden, die Teilnehmerzahl ist aufgrund öffentlicher und bischöflicher Verfügungen beschränkt, die Traueranzeige muss nach der Beerdigung geschaltet werden, damit niemand zu viel den letzten Gang begleitet, Trauer und Traurigkeit sind auf nur wenigen Schultern verteilt. Kann ich dann noch davon ausgehen, dass „immer, immer wieder“ die Sonne scheinen wird??? Von ganz alleine??? Weil das kosmische Gefüge es so vorsieht?

Das Tagesevangelium am Gründonnerstag nach Johannes 13,1-15 beginnt mit dem Vers: „Es war vor dem Paschafest. Jesus wusste, dass seine Stunde gekommen war, um aus dieser Welt zum Vater hinüberzugehen.“ Jesus sah also schon das Dunkle des Todes auf sich zukommen, wusste, was kommen wird, und musste daher selber keine Sorgen beziehungsweise Angst haben, da seine Perspektive bereits den Blick auf Ostern öffnen konnte. Er wusste bereits bei seinem Paschafest, dem „letzten Abendmahl“, dass es für ihn und damit für alle, die ihm folgen werden, die „Dunkelheit für immer“ niemals geben wird! Halleluja! 2000 Jahre später singen Udo Jürgens und andere eine ähnliche Botschaft, machen Mut, ermutigen zu gemeinschaftlichem Handeln, damit sich niemand einsam und vergessen fühlen muss. „Vertraue der Zeit“. Und wir? Wir Christen? Nur der Zeit vertrauen? Nein, wir als Christen dürfen uns getragen fühlen von Gott, der uns freundlich begegnen möchte, der da ist. Jesus Christus ist auferstanden, ja wahrhaft auferstanden. Er begegnet uns im Wort, im Brot, im Nächsten. Hier im Leben mitten unter uns in Freude und in Traurigkeit, erst recht auf ewig bei ihm und seinem himmlischen Vater. Und wir dürfen danach leben und handeln, Nächster sein. Das ist für mich Ermutigung. Ermutigung aus dem Glauben heraus. Dank Ostern. Als im Dunkel einer einzigen Nacht ein Licht aufleuchtete und wie die Sonne aufging. Oder mit einer winzigen Ergänzung zum Udo Jürgens Titel: „Denn Dunkelheit für immer gibt es (seitdem) nicht (mehr). Die gibt es nicht, die gibt es nicht (mehr)“. Es liegt einzig an mir und dir diese Botschaft zu leben. Na dann … und nur dann kann es glaubhaft heißen: Frohe Ostern!