Das Paradies

(c) Stefan Keuken
Datum:
Fr. 10. Juli 2020
Von:
Stefan Keuken

Das Paradies

Es ist eine bekannte Geschichte über’s Paradies: Der Mensch wurde nach schlangenartiger Verführung durch Naschwerk, - also das, was man damals darunter verstand, denn heute wird sowas als Vitaminbombe vermarktet - vom Baum der Erkenntnis aus diesem verbannt. Da drängt sich die Frage auf, ob das Paradies ein Ort ist, der menschliche Geistesbeschränktheit voraussetzt. Der erkennende Mensch kommt nämlich blöderweise zu einer ganz anderen Frage: Kann es DAS Paradies überhaupt geben? Das Paradies, der Garten Eden. Der Ort, wo Milch und Honig fließen. Letzteres also alles andere als ein vollkommener Ort für Laktoseintolerante und Diabetiker. Und da sind wir beim Punkt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass mein Paradies, in dem es vor lauter zwischenmenschlicher Harmonie gähnend langweilig und auch noch fußballbundesligafrei wäre, auch Lokation der Vollkommenheit für einen Hooligan wäre.

Anscheinend braucht jeder sein eigenes, individuelles Paradies, denn die Vorstellung vollkommener Glückseligkeit ist unterschiedlich. Das einzige, was uns in der großen Mehrheit der Menschen verbindet, ist das Streben nach Leben in Gemeinschaft und Beziehung. Und da muss selbst ein allmächtiger, allgütiger Gott passen: Jedem sein eigenes Paradies, hermetisch abgeschirmt von dem der Anderen, aber mit Gemeinschaft. Da ist es ja einfacher, eine Drehtür zuzuschlagen.

 

 

Was bleibt? Die Erkenntnis, dass ich niemanden für unparadiesische Zustände verantwortlich machen kann und an meinem klitzekleinen Stück Glück, das ich hoffentlich mit denjenigen teilen kann, die mir gesonnen sind, täglich selbst zu arbeiten habe. Und größtes Glück erfahre ich dadurch, dass Andere ihres mit mir teilen.

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