Abschied

(c) Stefan Keuken
Datum:
Di. 3. Sep. 2019
Von:
Stefan Keuken

 

Abschied. So wichtig. Schließlich ist die Zeit reif, überreif für neue Wege. Abschied. So sinnvoll. Schließlich geht es auf zu neuen Ufern, in neue Welten.

Der Abschied naht. Alles easy. Schließlich waren die Vorbereitungen anstrengend. Anstrengend genug, um nicht an den Abschied, sondern nur die neue Welt zu denken. Wie süß und verlockend einerseits, organisatorisch bindend andererseits.

Dann ist der Moment da. Ein mulmiges Gefühl stellt sich ein, ein flaues. So als ob sich ein verdorbenes Essen an meinem Magen rächen möchte. Kurze Umarmung, Vermeidung zu intensiven Blickkontaktes, tapferes „Tschüss, mach’s gut“, und es ist vorbei. Vorbei? Denkste. Im Weggehen ein kurzer Blick zurück, und die Augen füllen sich mit Tränen. Bitteren Tränen, die keine Spur Süße oder Verlockung verspüren lassen. Ein Stich ins Herz. Das leise Wimmern wird zu einem tiefen Schluchzen. Schmerz macht sich breit. Ein Schmerz, den eine noch so grausame Waffe nicht herbei führen könnte. Und dann? Leere. Mein ganzes Inneres ist leer. Lust auf nix. Gar nix. Nur Leere. Verzweiflung zerrt am Hosenrock. Ich gehe zur nahe gelegenen Kapelle. Ich zünde eine Kerze an und halte inne. Die Vernunft sagt: Der Abschied war sinnvoll und wichtig. Das Herz sagt: Mit etwas Mut geht es dem Anderen bald sicher besser. Besser als zuvor, und natürlich besser als im Moment des Abschieds. Und ich kann dankbar sein, denn der Moment des Abschieds hat mir deutlich vor Augen geführt, wie wichtig der Andere für mich war und ist, wie sehr ich ihn geliebt habe und weiter lieben werde. Daran halte ich mich fest. Und ich fasse neuen Mut. Mut, dass auch ich jetzt Neuland zu betreten habe, welches zwar mühsam erobert werden will, aber auch Chancen bietet. Diese will ich ergreifen. Ich wische die Tränen ab, streichle die Kerze und atme tief durch. Tschüss, mach’s gut!